Das Eerste Buch Lydia, Teil 4/5

Das Eerste Buch Lydia, Teil 4/5, Verse 221 – 268

© MMX A.N.E.

Einundzwanzigstes Kapitel

[221] Doch es sollte ohnehin alles ganz anders kommen: es war einer dieser lauen Herbstabende, an die man sich immer wieder gerne zurück erinnert. Buntes Laub fiel von den Bäumen, irgendwo krächzt ein Kolkrabe im Tannicht. Der warme Nebel hing über dem Wald wie ein Leichentuch, Nieselregen. Ein atemberaubendes Schauspiel, das jedes Lebewesen zur andächtigen Ruhe mahnte. Nur äußerst selten wurde diese Idylle durch so etwas wie ein Husten, oder Hüsteln gestört.

Da konnte Gotthold wieder einmal nicht die durch übermäßiges Weinen geröteten Augen von seinem Adam lassen. Wie so oft sah er den beiden aufmerksam beim Koitus zu, was ihn generell jedes Mal äußerst missmutig stimmte.

Mürrisch, aber mit hohem Durchhaltevermögen und voller Konzentration, sah Gotthold den beiden angestrengt und gebannt zugleich zu.

Er nutzte absolut jedes Mal sein Opernglas, um auch die Details besser erkennen zu können. Nichts, absolut nichts gäbe es an Sauereien, die Gotthold bei den beiden nicht schon ausführlich und wiederholt gesehen hätte. Er konnte es zwar nie wirklich genießen, aber er konnte ja auch nicht wegsehen. Es gab da aber etwas, je öfter er die beiden kopulieren sah, das ihm merkwürdig vorkam…

[222] Es muss irgendwann im Dezember gewesen sein, denn der Schnee lag bereits kniehoch, und Gotthold trug immer diese alten Lederhandschuhe und eine Wollmütze – etwa so wie sie Fischersleute gerne tragen, als er Adam und Eva, vor ihrer Penthouse Höhle stehend, sich am Feuer in einer rostigen Tonne wärmend, zum sechshundertundsechsund…sechzigsten Male beim Sport belauschte.

Dass ihm das nicht früher gekommen war! Es war doch so offensichtlich! Wie hatte es ihm zuvor überhaupt entgehen können!

Adam war schon sehr frühzeitig zu einem großen Connaisseur der rektalen Erlebniswelt geworden. Eigentlich hatte er auch nie etwas mehr genossen. Er musste dabei stets an seine, auf allen Hauswänden gut sichtbaren, graffiti-artigen Rosettenkarikaturen denken, stets an Lillith, weshalb ihm der Analverkehr auch als die einzig sinnvolle und richtige Position in Art wie in Weise vorkam. Er hatte auch noch niemals etwas anderes ausprobiert, denn er hatte ganz einfach nie Bedarf gesehen. Es war alles perfekt, so wie es war. Auch Eva schien es sehr zu genießen. Sie stöhnte immer leise wenn er sie an der Kochstelle nahm, vor allem wenn Gotthold, mal mehr, mal weniger mit der Dokumentation beschäftigt, offensichtlich erheitert, danebenstand.

Das zarte Jadetor der Eva war hingegen noch jungfräulicher, als es das der ehrwürdigen Mutter Teresa je hätte sein können. Die Schambehaarung war seit ihrer Geburt stetig immer dichter und krauser geworden. Kleinere Tiere bewohnten bereits das tropische Milieu zwischen Evas Beinen, die sich an ihrem getrockneten Urin, Blut und Sekret ernährten. Das Experiment war noch nicht vorbei!

Zweiundzwanzigstes Kapitel

[223] Es war im Folgenden beinahe kinderleicht für Gotthold, sich eine Posse zu überlegen, mit der Adam weder rechnen würde, noch ihn jemals wieder in Stagnation mit Eva zurückfallen lassen würde.

[224] Eines Frühlingsabends, Gotthold hatte seinen Erfolg bereits einige Wochen im Voraus begossen, so selbstsicher fühlte er sich schon wieder, nahm er Adam beiseite. Er verführte ihn zu einem eindringlichen Vater-Sohn-Gespräch.

[225] „Adam, folgendes: ist Dir denn noch nicht in den Sinn gekommen, es einmal mit der Missionarsstellung zu versuchen?

Schau jetzt doch nicht gleich schon wieder so entgeistert! Hast Du Dich denn noch nie gefragt, ob es nicht lohnenswert für Dich sein könnte, ihre anderen Körperöffnungen zu… versuchen?“

[226] Er zauberte blitzschnell — wie ein großer Magier, ein Kama-Sutra Büchlein aus seinem Ärmel. „Schau, ich lasse Dir das hier mal da, und Du wirst dann schon verstehen, wovon ich rede!“

[227] So ließ er den grübelnden Adam zurück. Gotthold fühlte sich wie ein Waffen-SS-Offizier, der kurz vor Kriegsende just davor war den Befehl dazu zu geben, einige unschuldige italienische Dorfbewohner, die vor ihrer von ihnen selbst ausgehobenen Grube stehend, die Läufe deutscher Wertarbeit im Rücken trugen, alle mit Mann und Maus, mit Kind und Kegel, mit Frau und Großmutter und Uropa, erschießen zu lassen. Es war ein absolut erhebendes Gefühl für Gotthold.

[228] Er zog sich also verschmitzt zurück, so heimlich still und leise, wie er gekommen war.

Dreiundzwanzigstes Kapitel

[229] Neues Unheil kündigte sich auch bereits kurz darauf an. Es wurde lediglich dadurch ein wenig verzögert, als dass das erste, was Adam in dem Kama-Sutra Büchlein entgegen sprang, eine Autofellatioszene war, bei der sich ein asiatisch anmutender Mann sich selbst in die orale und genitale Phase — die in faszinierender Kohärenz zueinander harmonierten — zurückversetzt sah.

[230] Nachdem Adam zwei Rippen entnommen worden waren, und die Wunden mittlerweile auch vollständig ausgeheilt waren, beschloss er das Gesehene augenblicklich nach zu ahmen, eine grundsätzliche, gefährliche Eigenschaft aller Medien, Print-Medien sogar in besonders hohem Maße, insofern als dass sie den Leser zu völlig unreflektiertem, willenlosen und zombieartigem Nachahmungsverhalten anregen, was im Laufe der Jahrtausende noch die ein oder andere Gesellschaft bis in den vollständigen Ruin treiben würde. Nicht selten würde es nämlich dann geschehen sein, dass es es als für gemeinhin als gültiges und gesichertes Wissen angesehen worden wäre, dass alles, was schwarz auf weiß irgendwo geschrieben stehe, von besonderer Bedeutsamkeit wäre, ja dass man solcherlei Papier bereit wäre mehr zu vertrauen, als der eigenen Ehefrau.

Besonders obskure Ausmaße würde das Ganze sogar einmal annehmen, als in einer bekannten Tageszeitung völlig zweifelsfrei und unwiderlegbar bewiesen werden konnte, aufgrund einer Studie an der auch Wissenschaftler teilgenommen hatten — wie sich etwas später allerdings herausstellen sollte, waren diese zuvor für ihre Fehleinschätzungen mehr als großzügig von gut gekleideten Lobbyisten geschmiert worden — dass ein Computerspiel mit dem geradezu kryptischen und symbolschwangeren Namen ‚Counterstrike‘, maßgeblich und im einzig sinnvollen Zusammenhang mit einigen Amokläufen an Schulen, die um das Jahr 2000 (a.y.p.s) die damalige, wenn auch durch ihre grenzenlose Heuchelei und schamlosen Hochnäsigkeiten späteren Geschichtsschreibern bekannt gewordene Gesellschaft, aufs äußerste betroffen machte, stand.

[231] Nach diesem Exkurs in frommer Selbständigkeit dauerte es noch neun Monate, neun bange Monate, in denen Gotthold mit seinem Opernglas das Wachstum von Evas prallem Bauch beobachtete, peinlichst genau mit dem Photoapparat samt Teleobjektiv dokumentierte und um das Leben der zu erwartenden Zwillinge bangte. Sie würden doch kerngesund sein? Es wäre doch nicht ein Makel an ihnen, ach wären es doch die zwei schönsten und wunderbarsten Geschöpfe seines kompletten Opus!

[232] „Sie werden allerdings wohl ziemlich kariert aussehen, wenn man die Hautfarben der beiden Eltern genauer miteinander vergleicht!“, dachte Gotthold bei sich. „Aber das macht gar nichts, ich werde sie trotzdem gerne haben!“

[233] Es wurde ein immer klarer werdendes Bild einer so unbeschreiblichen Situation gezeichnet, dass es völlig berechtigt schien, dass noch nach vielen Jahrhunderten später, den Menschen schlecht wurde, wenn man ihnen diesen Teil der Geschichte, nachts an einem Lagerfeuer, irgendwo tief in den Wäldern der Karpaten bei kräftigem Rotwein mit stolz geschwollener Stimme erzählte.

Und erst einige Jahrtausende später war die Sensationsgeilheit der überwiegend in ruralen Gebieten wohnenden Gesellschaft, so weit verkommen und entartet, dass man sich diese Geschichte gern zur Nacht erzählte um das Sexualleben in Beziehungen, in welchen bereits die Hoffnungslosigkeit beerbt worden war, gleich dem teuersten Aphrodisiakum, zu beflügeln nutzte.

[234] Allein der Geburtsvorgang war das Abscheulichste, Erbärmlichste und Grausamste, das Adam und Eva jemals zuvor erlebt hatten und jemals wieder erleben würden. Welcher zynische Perversling und Menschenfeind musste sich wohl dieses widerwärtige Procedere ausersonnen haben? Gott hingegen schien diese Stelle seines Experiments ganz besonders zu genießen, insofern als dass er alles bis ins kleinste Detail mit der Digicam dokumentierte.

[235] Das Alles vermittelte ihm vermutlich das gute Gefühl, seinen großen Vorbildern Josef Fritzl, Marc DuTroux, Marquis de Sade und weiteren Beispielen der degeneriertesten Menschen, die das Universum jemals bewohnt haben sollten, so nahe zu sein wie niemals zuvor und niemals wieder.

[236] Die beiden Kinderlein, Kain — ein kleiner, süßer Wonneproppen! — etwas dunkelhäutiger als seine Schwester, und Abel, die heftig mit den Armen und Beinen strampelte. Beide waren herzallerliebst.

[237] Gotthold wurde umgehend und sofort klar, dass er im Begriff war, Zuschauer des absolut undenkbar grausamsten Kammerspiels zu werden, das die Menschheit bisher erfahren hatte. Er wusste genau, spürte es mit jeder Faser, jeder Sehne in seinem Körper. Großes würde ihm zuteil werden. Es würde sein erstaunlichstes Experiment jemals werden.

Vierundzwanzigstes Kapitel

[238] Kain und Abel hatten die schönste Kindheit, die je zwei Kinder vor ihnen hatten. Es gab so viel zu entdecken und ihre Eltern waren so weise. Sie schien auf einfach alles eine Antwort parat zu haben! Und es war immer so zutreffend wie sie es sagten. Ohnehin machte bereits der nicht unerhebliche Größenunterschied und ihre eigene Unterlegenheit an Körperkraft einen unheimlichen Eindruck auf die beiden Kinder. Als stünden Ihnen Mr. und Mrs. Universe gegenüber.

[239] die vier lebten zufrieden auf Adams Gehöft am Bergsee. Kain und Abel waren oft stundenlang draußen und kamen erst mit der Abenddämmerung und völlig verdreckt nach Hause. Dann würde sie Eva stolz anlächeln und mit ihnen im Badezimmer verschwinden. Im stilvoll eingerichtet im Wohnzimmer konnte man noch deutlich das vergnügte Kichern und Planschen der beiden in der Badewanne vernehmen. Nichts schien das traute Familienleben trüben zu können.

[240] Adam und Eva gingen in ihrer Liebe zueinander förmlich auf. Das Glück ihrer kleinen Familie schien dabei nur der Spiegel ihres tiefen, inneren Wohlbefindens zu sein.

[241] Die Jahre zogen ins Land, Adam, der mittlerweile Ansätze einer Glatze bekam, die er versuchte mit dem ansonsten noch langen, grauen Haupthaar vor allen Blicken zu verstecken, rasierte sich mittlerweile auch regelmäßig, wahrscheinlich weil er davon ausging, das unterstreiche sein jugendliches Auftreten.

[242] Evas Brüste mutet mehr und mehr an, als sehne sich der vom Baum gefallen der Apfel zurück an den Ast. Auch die Geburt ihrer Kinder und das alles andere als zimperliche Liebesleben hatten ihre Spuren zwischen Evas Beinen hinterlassen. Als besonders störend empfand sie die Haut an ihren Oberschenkeln, die gleichsam eines frischen Korbs Orangen, ihre Beine einkleidete.

[243] immer öfter schlich sich der Gedanke zwischen Adam und Eva ein, dass ihr Begehren zu einander am abflauen sein könnte. Eva überspielte dies mit immer neuen Vorwürfen, die sie Adam liebevoll entgegenbrachte, und so sinnfrei diese oftmals auch waren, verfehlten sie jedoch niemals ihre Wirkung. Adam seinerseits zog sich immer mehr zurück, beharrte darauf, im Leben eines jeden Mannes gäbe es Sachen, die er allein tun müsse, es würde ihn gleichsam reinigen und die Beziehung zur Eva auch um einiges erträglicher gestalten.

[244] Oft saß Gotthold zu dieser Zeit, ekstatisch im Ohrensessel wippend, hinter seinem Opernglas und fragte sich von Mal zu Mal, ob es ihm nur so vorkam, als würden die Eindrücke besser und besser.

Fünfundzwanzigstes Kapitel

[245] Gottholds Lust und Begehren schienen dahingegen jedoch mehr und mehr, analog zur tiefen, innigen Liebe zwischen Eva und Adam, abzuflauen. Er sah sich schon wieder auf eine Depression oder Psychose zurasen, da kann ihm die zündende Idee:

[246] Es war an der Zeit für einen neuen Fetisch! Schnell rannte er auf eine große Wiese, auf der, wie aus einem Meisterwerk des Impressionismus, ein einsamer Apfelbaum stand. Voll und gesund war sein Blattwerk. Nicht ein Schädling hatte sich jemals hierhin verirrt. Er muss noch in der Gründerzeit gepflanzt worden sein, so alt mutete er an. Die grenzenlose Weisheit, die dieser Baum ausstrahlte, sein Name war im übrigen Yggdrasil, war beinahe mit allen Sinnen wahrnehmbar. Als sei die Erkenntnisfähigkeit ein Geschenk, dass nur dieser Baum zu übermitteln in der Lage sein könnte.

[247] Zwei äußerst potente Hirsche wetzten ihr Geweih an der Säule der Welten, als wollten sie Yggdrasil ihre Ehrdarbietung mit Extramassagen besonders deutlich zum Ausdruck bringen.

[248] Dem Zyklopen, einer von Gottholds frühen anthropomorphen Studien — der sich seinerzeit aus unsagbar bescheuerten Gründen selbst im Baum erhängt hatte, es war ihm nämlich nie gelungen, das Alphabet korrekt zu buchstabieren — versuchten zwei Rabenkrähen das Auge auszupicken, ganz so als wollten sie dessen Wort und Gedanken gleich mit herausreißen.

Dabei machten sie ein solches Geschrei und Gepolter, dass man sowohl die Wölfe gierig und gefräßig im fernen Wald hören, als auch den zwei heftigst aufgeschreckten Eichhörnchen dabei zusehen konnte, wie sie versuchten in neun Welten gleichzeitig als Kurierfahrer zu überleben, so wie sie den Stamm hinauf und hinab kletterten.

[249] „Wo ist Tiamat?“, fragte Gotthold, da er schon immer mehr auf die Weisheit der Schlangen gegeben hatte und davon auch noch nie enttäuscht worden war.

In ruhigem Ton und warmer Stimme sprach Yggdrasil langsam: „Oh, Gott…Du bist es. Hab‘ ich mich erschrocken. Und ich dachte eben noch, der letzte Winter wäre das Schlimmste gewesen, was ich in meinem Leben habe erleben müssen…

Was, wenn ich fragen darf, wünschst Du von mir? Und lasse Dir bloß ausreichend Zeit, umso näher werde ich dem Tode zugerückt sein, wenn Du fertig bist…“

[250] „Ach!, von Dir will ich doch gar nichts! Blödes Holz! Wo ist Tiamat? Ich muss mir ihr sprechen!“

[251] „Oh nein, geht das wieder los!“, jammerte Yggdrasil traurigst. „Du hast mir voriges Mal schon versprochen, es sei das letzte Mal gewesen. Du selbst hast gesagt, das Ding rieche ungenießbar und sehe irgendwie unappetitlich aus.

Ich kann das nicht mehr sehen, Gotthold. So lass‘ doch ab davon! Ich kann das nicht mehr, Gotthold. Ich bin ein richtig, richtig schlechter Bauchredner geworden, bin völlig aus der Übung, ehrlich! Ich kann das nicht mehr!“, so wimmerte Yggdrasil.

[252] „Papperlapp!“, rief Gotthold bestimmt, der bereits die völlig verkotete, Hose des Zyklopen heruntergezogen hatte. Tiamat sah furchtbar aus. Was war ihr nur geschehen!? Gar nicht wieder zu erkennen! Einen Moment schien es, als glaube er nicht mehr daran, dass Tiamat noch leben könne.

[253] „Holloo?“, mimte Yggdrasil Gottholds einstigen Ratgeber.

[254] „Ach, Tiamat, bin ich froh, Deine Stimme zu hören! Einen Moment lang dachte ich, Du wärst tot. Wie dumm von mir! Es geht um folgendes: ich habe da gerade so ein Experiment am laufen — es geht um zwei affenähnliche Kreaturen, deren Liebesleben völlig am Arsch ist, quasi überhaupt nicht mehr vorhanden — und jetzt brauche ich einen neuen Fetisch, damit die wieder miteinander Du-weißt-schon-was machen. Und ich dachte mir: wer wenn nicht Du könnte mir da weiterhelfen!?

[255] „Düüü Hoosööö, düüü Hosöööö!!!“, versuchte Yggdrasil beinahe einem Nervenzusammenbruch nahe, die Erinnerung an die niemals vorhandene Stimme Tiamats nachzuäffen.

[256] Gotthold dachte kurz nach, so als ob er gar nichts von dem verstanden hätte was Tiamat ihm soeben zu erklären versucht hatte, dann — völlig unvorhersehbar, machte er einen großen Luftsprung:

[257] „Heureka! Natürlich! Reizwäsche!“

Sechsundzwanzigstes Kapitel

[258] Der Plan stand: Opa würde einen Besuch machen! Er würde den beiden einen richtig schönen Sonntagnachmittag bescheren. Er würde Yggdrasil samt des Zyklopen mit Lametta, Kerzen und Lebkuchen dekorieren. Dann würden sie sich unter den Baum setzen und picknicken. Die Kinder wären verrückt nach den Lebkuchen! Er hätte dann noch für jeden ein kleines Geschenk, etwas, das sich jeder von ihnen schon lange gewünscht hätte. Es würde richtig gemütlich werden. Trautes Familienglück. Wer weiß vielleicht sängen Sie auch Lieder, wie zum Beispiel ‚Oh Tannenbaum‘!

[259] Dann würde er so tun als habe er noch einen wichtigen Termin – vielleicht würde sein Mobiltelephon unerwartet klingeln. Er würde sich förmlich empfehlen, alle wären völlig ahnungslos, arglos. Und dann: Tiamats Einsatz!

[260] die Schlange würde, während Kain und Abel irgendwo auf der Wiese herumtollten um Schmetterlinge zu fangen, Adam und Eva erklären was Reizwäsche ist. Wie von Zauberhand läge auf einmal, gleich einem ernstzunehmenden Menetekel, ein antiker Ottokatalog am Wurzelwerk des Baumes, der nur noch von Gottes klebrigen Samenresten zusammen gehalten würde. Die zwei würden nicht einmal merken, was gerade abliefe. Völlig arglos. Er säße schon längst wieder glücklich hinter dem Opernglas, der Täter und die Folgen wären für die zwei Laborratten absolut nicht mehr in Zusammenhang zu bringen.

[261] Und es sollte tatsächlich eines der wenigen Experimente in der Karriere des Professor Doktor Gotthold von Kolob zu werden, das tatsächlich auch genauso ablief, wie er es sich vorgestellt hatte.

Siebenundzwanzigstes Kapitel

[262] Es dauerte gar nicht lange, da begannen sich Adam und Eva nicht mehr nur auf diejenigen Seiten des Katalogs zu beschränken, auf denen knorrige Magermodels die recht ansehnliche Wäsche des ausgehenden 20. Jahrhunderts zu vermarkten versuchten – wofür sie sich allerdings auch lediglich ein äußerst bemitleidenswertendes Gehalt verdienten – nein, sie entdeckten, nach einigen Umwegen und langen Diskussionen über den Wert oder Unwert von Erotikartikeln, dass Kleidung an sich den absolut unzulänglichen immer gammliger wirkenden Körper, effizient kaschieren konnte. Ja, dass es mit dieser Technik sogar möglich war, jedem anderen Lebewesen, einer Tarnkappe gleich, alles vorgaukeln zu können was man wollte. Natürlich aber auch nur dann, wenn man das nötige Kleingeld, den nötigen Mut oder einfach nur schlechten Geschmack war bereit restlos dafür aufzubringen.

[263] Adam machte sich bunte Boxershorts mit lustigen Häschenmotiven, ja ersann  Baggy-Pants mit denen es für Eva unmöglich wurde zu erkennen, ob er gerade einfach nur erfreut war sie zu sehen – oder eben nicht. Er begann diese, um noch bescheuerter aus zu sehen, sogar in seine, nicht einmal bei deutsch-mallorkinischen Ballermann-Besäufnissen als besonders stilsicher geltenden Tennis-Socken zu stecken. Auch der Versuch sein Aussehen dahingehend zu optimieren, dass er dazu Trekkingsandalen trug, konnte nicht annähernd das überlebenskünstlerische Wesen Adams trefflich beschreiben.

[264] Seine wenigen verbliebenen Haare hatte er zu Dreadlocks verfilzt, so wie er es zuvor bei einem stattlichen jungen Model-Männchen gesehen hatte. Allein wenn sich Eve nur vorzustellen versuchte, ob dort ebenso viele Karnickel leben müssen, wie schlechterdings rund um ihren erst vor kurzem ausgebauten – weil auf mehr Flugverkehr hoffenden Storchenlandeplatz, konnte sie keinen lüsternen Gedanken mehr fassen.

[265] Sie wiederum reagierte darauf, in dem sie tagelang nur die Umstandsbekleidungsseiten frequentierte, um Adern damit suggerieren sie sei erneut schwanger. Eine Vorstellung die Adam das Nackenhaar zu Berge stehen ließ, hatten sich doch die süßen kleinen Kinder, in mit Forken  bewehrte,  grausame Dämonen verwandelt — die Adam den ganzen Tag mit absolut nichtigen Belanglosigkeiten nervten, ja sogar vor Smalltalk und Kennenlernspielchen nicht zurückschrecken.

[266] Die Tatsache aber, dass es in solchen Katalogen auch immer Seiten gibt, welche von Menschen mit pädophilen Neigungen oftmals als Einstiegsdroge, wie es sie es in dieser kranken Szene selbst so benennen, verwendet wird, verführte Eva dazu, dass sie erschreckend naiv begann die beiden Teufel, zumindest äußerlich, wie engelsgleich dastehen zu lassen. Schließlich war es stets das Allerwichtigste, alles dafür zu tun, bei anderen Lebewesen einen ernstzunehmenden Eindruck zu hinterlassen. Solches wären schlichte Gartenzwerge, oder ein sauberes, wohlriechendes Blumenbeet im Vorgarten nicht in der Lage gleichwertig abzubilden, wie es ein sauber und ordentlich angezogenes Zwillingspärchen dies könnte.

[267] Zu keiner Zeit konnte wirklich zweifelsfrei geklärt werden, was Menschen dazu verleitet, grausam und auch Gott zugleich, die undenkbarsten Unmenschlichkeiten, scheinbar völlig gewissenlos und ohne Reue, durchzuführen. War es genetisch determiniert? Oder waren es die phantasieanregenden Moralgebäude, die quasi danach schrien geschunden zu werden? War es die Erziehung? Das Milieu? Es würde nie vollständig geklärt werden können, was es genau war, das Adam diese unbändige Lust, vollständig sexueller Natur, auf seine unschuldige Tochter erwachen ließ.

[268] Einzig und allein Gotthold wusste bei sich  – irgendwo ganz tief in ihm drin, was er sich dabei gedacht hatte.

Fortsetzung folgt…

Veröffentlicht von Agimar N. Edelgranberget

I am insane.

Kommentar verfassen

%d Bloggern gefällt das: