Kinderlos, Sie Arschloch! Teil 4/5 Warum Brüten Murd ist

Warum Brüten Murd ist (für dummies). Oder: Warum der Pöbel so auf Krimis steht.

A.N.E. 2020

Für viele ist dieser Gedanke derart ungeheuerlich, dass sie sich dieser Vorstellung komplett verweigern — insbesondere dann, wenn sie Brüter sind. Manche Epiphanie ist halt ein harter Brocken, der schwer zu schlucken ist. Zunächst dachte ich an ein Diagramm zur Veranschaulichung und wer weiß, vielleicht entwickle ich das noch. Es sollte aber auch so gehen.

Entscheidend für die ganze Sache ist, dass Mord an ungeborenen Kindern in Deutschland und sonst wo nicht möglich ist, sonst wäre ja die Abtreibung eine Straftat, wobei ich Abtreibung mehr als Nothilfe bzw. Sachzwang sehen würde. Allerdings verstehe ich das so: In dem Moment, in dem die Katze aus dem Sack ist, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sie überfahren wird. Vielleicht während sie aus dem Sack hüpft, vielleicht auch erst wenn sie über die Straße rennt, aber sie wird überfahren. Definitiv. Jeder weiß das. Es gibt einen eindeutigen kausalen Zusammenhang. Dieser ist: Sack auf, Katze tot.

Es gilt jedoch ebenfalls zu berücksichtigen, dass der ganze Elternvertreterstaat auf dem Missbrauch von (lebenden) Kindern fußt, weshalb es völlig absurd wäre, erklärte man deren Herstellung zur Straftat. Er würde sich ja selbst zum Tode verurteilen.

Betrachten sie das Ganze also als harmloses Gedankenspiel:

Ich plane also einen Mord, und das geht so: Ich bin ein wenig besonders gestrickt — der Gedanke jemanden zu töten, ja der Tötungsprozess an sich, bereitet mir ungeheuerliche sexuelle Empfindungen. Je länger und grausamer das von statten geht, desto erregender. Aus diesem Grund ist der Faktor Zeit für mich von entscheidender Bedeutung. Meine Wahl der Waffe: Arsen — in kleinen Dosen, aber hoch genug dass es ordentlich akkumuliert.

Wen ich damit töte ist mir grundsätzlich wurschtegal; Männlein, Weiblein oder Hermaphrodit. Es mag ein Genie oder Tölpel sein, egal. Hauptsache ich schenke ihm Arsenwein … ein.

Ich kann den Mord allerdings unmöglich alleine begehen (es gibt da einen Trick, aber der ist besonders hinterfotzig), also suche ich mir einen partner in crime, der ähnlich tickt wie ich. Der Vorteil von gemeinschaftlich begangenem Mord ist einfach der, dass man sich die erregenden Geschichten wieder und wieder gegenseitig erzählen kann. Es ist etwas ganz Privates. Unser kleines Geheimnis. Außerdem kann man sich zur Not gegenseitig ein Alibi geben.

Gemeinsam malen wir uns unser Opfer aus, machen uns ein Bild von diesem in unseren Köpfen, erzählen uns von dem Opfer, wie es wohl aussehen wird — wie lange es wohl brauchen wird, bis es vom Arsen was merkt? Wir malen uns das immer detailreicher aus, bis die bloße Vorstellung von der Tat nicht mehr ausreicht.

Trotzdem bin ich skeptisch, frage nach: warum tun wir das eigentlich? Na, weil wir können und vor allem — weil wir es wollen, meint mein Partner.

Ob ich Skrupel hätte? Nee, sage ich. Die Welt dreht sich nur um uns und unsere Bedürfnisse.

Und jetzt stellen Sie sich vor, wie verblüfft wir waren, als da noch ein Dritter dazukommt und uns Geld anbietet — wenn er zuschauen darf. Vielleicht ein satter Rabatt in seinem Laden? Doch lieber Bargeld? Er könnte sich an unserem Haus beteiligen. Ein bisschen von allem? Offenbar haben wir zu laut gedacht. Egal. Jetzt sind wir halt zu dritt, wobei der Dritte eben sehr viel Wert auf Diskretion legt und unbedingt im Hintergrund bleiben möchte. Soll er doch.

Das schöne am Arsen ist ja, dass man erstmal nix merkt. Das Opfer ist komplett arglos und ahnt noch gar nicht, dass es bald sterben wird. Wir latschen durch Tunnels und Unterführungen, hängen in Sackgassen rum, bis es endlich soweit ist. Der alte Perverse nervt auch schon, und fragt dauernd, wann wir loslegen.

Da ist dieses pausbäckige kleine Kind, wie so eine Putte oder Putto, das uns eh anstinkt, weil es permanent die ganze Nachbarschaft zusammenschreit. Aber es ist irgendwie von der naiven Sorte, und so bekommt es ab jetzt immer eine Tüte Kakao mit auf den Heimweg. Heimweg, hehe. Zwanzig Meter entfernt, mit dem Opernglas, steht der Alte Sack mit der Brieftasche und spielt Hosentaschenbillard.

Zweieinhalb Wochen später sieht das Balg schon ziemlich kränklich aus, dann fallen ihm die Haare aus. Wir lachen uns kaputt. Immer öfter schauen wir zu, wie es erbricht — zum Teil scheisst es sich auf‘s Göttlichste ein, schließlich, an einem Dienstag um 12:45 Uhr, klappt es krampfend nach dem Kakao zusammen. Wie geil!

Ich führe selig und entspannt den Trinkhalm meiner Kakaotüte, die mir Mutti neulich eingepackt hatte, an die Lippen, als…. Mooooooooment!

Zum Abschluss, wie Sie sich denken mögen, bin ich kein Jurist. Aber wie würden Sie diese Geschichte werten? Als Mord? Die Geschichte schon, aber das Brüten nicht?

Ist es deshalb kein Mord, weil das Kind immerhin einen leckeren Kakao bekommt?

Und Falls Sie Jurist sind: Nennen wir es doch einfach Murd. Denn natürlich, im juridischen Sinne handelt es sich nicht um Mord. Doch was Juristen niemals verstehen werden, ist, dass diese sich in einer menschgemachten Phantasiewelt bewegen, die mit Realität und Tatsachen wenn es sein muss nichts zu tun hat. Ihr Recht und Gesetz ist ja doch nur abhängig von Raum, Zeit und Prestige, seine Wirksamkeit entfaltet es erst durch den Knüppel und Karzer der Ordnungsmacht, wohingegen ein rechtwinkliges Dreieck stets dem Pythagoras frönt, auch wenn man es verbietet.

Zweiter Versuch der Erklärung in drei Schritten. Diesmal fangen wir hinten an, also nochmal: de jure nein, de facto ja.

Erster Schritt: Hat jeder hier schon einmal einen Grabstein gesehen? Da steht sowas drauf wie: Max und Erika Mustermann. Nächste Zeile: Ein Sternchen und irgendwelche Zahlen. Das Sternchen steht für die Geburt. Wieder eine Zeile weiter: Ein Kreuzchen und irgendwelche Zahlen. Das Kreuzchen steht für den Tod. Jetzt könnte man auf die Idee kommen, dass da ein Zusammenhang besteht.

Zweiter Schritt: Kennen Sie Albert E.? Grob vereinfacht gesagt stellte er fest, dass wir Zeit an völlig willkürlichen Markern festmachen, wie dem Sonnenauf- und Untergang, oder so etwas phantasmagorierendem wie Uhren. Tatsächlich hängt Zeit an so was Blödsinnigem wie der Geschwindigkeit. Anders: wir glauben nur, dass Zeit eine feste Größe sei. Drücken wir also auf die Taste fast forward, dann ist das Kind im Moment der Geburt bereits tot, oder wie Stevenson es formulierte: hat einen schwarzen Fleck. Im Zwischenergebnis haben wir also nun die Tötung eines Menschen, oder eben dessen Geburt, wie Sie mögen.

Letzter Schritt: Um zu ermitteln, ob es sich bei einer Tötung um Mord handelt, sondiert der Richter die Motive, also die Beweggründe des Täters. Jetzt fragen wird doch einfach mal in die Runde, am besten Leute mit Kindern, was deren Beweggründe dafür waren, diese in die Welt zu setzen. Und eins, zwei, drei haben wir die wesentlichsten Mordmotive zusammen! Fertig.

In „da unten“, einem feministischen, lesenswerten Buch über Vulven, gibt Alica Läuger einen Überblick darüber, warum Leute Sex haben. Ich möchte dies dazu verwenden, Ihnen mögliche Mordmotive auf dem Silbertablett zu kredenzen, sofern diese zu Nachwuchs führen: „Stress loslassen, aus Langeweile, Kinderwunsch [i.e. Todeswunsch, Anm. d. Verf.], zum Einschlafen, aus Neugier, wegen einem Gefühl von Anziehung und Attraktivität, um einen Orgasmus zu haben, um die eigene Laune zu verbessern, um das eigene Selbstbewusstsein zu steigern, Zuneigung, Abenteuerlust, um eine*n Partner*in zu befriedigen, wegen der Glückshormone danach, aus Unsicherheit, als Ausdruck von Liebe, sexuelle Bedürfnisse befriedigen, sich jemandem nah und verbunden fühlen, u.v.a.“

Mir geht es im übrigen auch nur darum, ein Bewusstsein zu schaffen für das, was es bedeutet Kinder diesem Umstand, der sich Leben nennt, auszusetzen: Es ist im mindesten Totschlag, wenn nicht doch sogar Mord. Das muss einem klar sein.

Veröffentlicht von Agimar N. Edelgranberget

I am insane.

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